„Rekordindexierung seit einem Jahrzehnt“: Experte erklärt, was von der Erhöhung der Tarife für Wohnungsbau und kommunale Dienstleistungen im Juli zu erwarten ist

In nur zwei Wochen, ab dem 1. Juli, werden in Russland die Tarife für Wohnen und kommunale Dienstleistungen indexiert. Formal handelt es sich um eine geplante Erhöhung, doch dieses Jahr war das Wachstum rekordverdächtig: 11,9 % im Landesdurchschnitt und bis zu 21 % in einzelnen Regionen. Dies wirft bei den Bürgern berechtigte Fragen auf: Warum erfolgt die Erhöhung jetzt, wie gerechtfertigt ist sie aus wirtschaftlicher Sicht und wie kann man angesichts steigender Kosten vermeiden, dass der Geldbeutel leer ausgeht?
Testbanner unter dem Titelbild
Diese Fragen beantwortete der Wohnungs- und Versorgungsspezialist und Experte des Projekts „Volksfront. Analytik“, Pavel Sklyanchuk, in einem Interview mit MK.
— Wie stark wird die bevorstehende Tariferhöhung die russischen Haushalte treffen? Gibt es eine Vorstellung davon, wie sich die monatlichen Zahlungen für eine normale Familie ändern werden?
„Das ist die größte Erhöhung der Wohnungs- und Kommunaltarife der letzten zehn Jahre. Ich gehe davon aus, dass die Zahlungen im Durchschnitt zweistellig steigen werden – mit Sicherheit um 10 bis 15 Prozent. In manchen Regionen sogar um bis zu 21 Prozent. Besonders empfindlich wird dies für sozial schwache Bevölkerungsgruppen, kinderreiche Familien und Rentner sein. Daher lohnt es sich, das Familienbudget im Voraus zu planen und diese Änderungen zu berücksichtigen. Die Quittungen mit den neuen Beträgen werden im August eintreffen, es bleibt also noch Zeit, sich anzupassen.“
Gleichzeitig spricht die Zentralbank von einer Verlangsamung der Inflation (die jährliche Inflationsrate ist unter 10 % gefallen) und senkt den Leitzins. Warum werden dann die Tarife für Wohnen und Versorgungsleistungen so stark angehoben?
Die Erhöhung ist Teil der jährlich geplanten Indexierung. Dieses Jahr fiel die Indexierung jedoch höher aus als die aktuelle Inflationsrate. Dies ist auf den kumulierten Effekt zurückzuführen: In den Vorjahren wurde die Indexierung entweder gar nicht oder nur minimal durchgeführt. Dadurch entstanden Liquiditätslücken, die nun ausgeglichen werden. Formal handelt es sich um eine „Aufhol“-Erhöhung. Staatliche Regulierungsbehörden wie das Wirtschaftsministerium und der Föderale Antimonopoldienst begründen die Zahlen zwar, doch die Transparenz bei der Tarifgestaltung ist weiterhin unzureichend. Leider gibt es nur wenige objektive und offene Daten.
— Warum gibt es eine so große Streuung zwischen den Regionen? Mancherorts sollen die Zölle um 4 Prozent erhöht werden, anderswo um 21 Prozent. Ist das überhaupt fair?
Die Unterschiede zwischen den Regionen lassen sich auf viele Faktoren zurückführen. Zum Beispiel auf den Zustand der Infrastruktur: Mancherorts sind die Netze mehr oder weniger modern, während sie an anderen Orten alt und abgenutzt sind und hohe Investitionen erfordern. Auch die Bevölkerungsdichte ist unterschiedlich: In dünn besiedelten und geografisch verstreuten Siedlungen sind Logistik und Instandhaltung teurer. Auch unterschiedliche Erzeugungsquellen spielen eine Rolle: Mancherorts gibt es Zugang zu Stauseen, anderswo nicht – und die Wasserlieferung ist deutlich teurer. All dies wirkt sich auf die Kosten der Dienstleistungen aus. Die regionalen Behörden reichen ihre Anträge ein, die FAS prüft und genehmigt sie. Aber wie gerecht ist das? Diese Frage ist diskussionswürdig. Schließlich müssen wir uns laut Verfassung in einem einheitlichen Wirtschaftsraum befinden, aber es stellt sich heraus, dass wir für die gleichen Dienstleistungen in verschiedenen Regionen unterschiedlich viel bezahlen müssen.
— Was können die Bürger in dieser Situation tun? Gibt es Möglichkeiten, die Kosten für Wohnen und Nebenkosten irgendwie zu senken oder staatliche Unterstützung zu erhalten?
Es gibt viele Möglichkeiten. Zunächst können und sollten Sie Subventionen und Vergünstigungen beantragen – über das MFC: Dies ist eine zentrale Anlaufstelle, wo Sie erfahren, welche Dokumente Sie benötigen und wie Sie diese beantragen. Darüber hinaus ist es sinnvoll, über die Energieeffizienz Ihres Hauses nachzudenken: Dazu gehören die Isolierung von Zwischenplattenfugen, der Einbau moderner Fenster im Eingangsbereich und der Austausch der Haustür. All dies trägt dazu bei, den Wärmeverlust zu reduzieren, und Wärme ist die teuerste Ressource. Selbst einfache Dinge wie das Abstellen des Wassers beim Zähneputzen oder der Einbau eines Zweiwege-Spülkastens in die Toilette können ebenfalls Geld sparen. Auf den ersten Blick sind das Kleinigkeiten, aber insgesamt führen sie zu deutlich spürbaren Einsparungen.
— Wenn die Tarife für Wohnungsbau und kommunale Dienstleistungen von staatlichen Stellen festgelegt werden, warum werden sie dann immer erhöht? Vielleicht sollten wir versuchen, sie zu senken – das würde die Inflation im Land bremsen?
„Der Trend geht dahin, dass alles teurer wird – Lebensmittel, Waren, Dienstleistungen sowie der Wohnungs- und Versorgungssektor bilden da keine Ausnahme. Die Finanzierung erfolgt entweder über Tarife oder aus dem Haushalt. Es gibt zwar private Investitionen, diese sind aber dennoch im Endpreis für den Verbraucher enthalten – eine Art „jetzt zu viel bezahlen, um später zu sparen“. Eine solche Politik des Staates ist einerseits verständlich, andererseits erfordert sie eine zunehmende finanzielle Stabilität der Menschen. Man sollte also nicht mit einer wundersamen Senkung der Rechnungen rechnen. Es ist besser, die Erhöhung im Juli ernst zu nehmen und sich jetzt darauf vorzubereiten.“
mk.ru